Belagerung

BELAGERUNG | SIEBEN SCHWABEN | TORWACHE

Baura, Franzosen und Grenadier

Munderkingen im Jahre 1794 – Die Stadttore sind verriegelt. Das Rathaus und die Kirche sind verlassen. Der Ofen in der Bäckerei ist erloschen… Vom Bürgermeister, über den Pfarrherr und seine Hausere, bis zum Beck sind alle Munderkinger Bürger gewappnet und bewaffnet – mit Nudelbrettern und Hutzlasäck (getrocknete Birnen). Natürlich dürfen auch der Büttel von der Stadt mit dem großen Säbel des Goliath und die Grenadiere nicht fehlen. Gemeinsam singen sie „Auf, auf, ihr Bürger…“.

So kann man es sich bildlich vorstellen, was Carl Borromäus Weitzmann in seinem Gedicht mit dem Titel “Ausfall der Munderkinger im Jahre 1798“ beschreibt. Er spielt hier darauf an, dass sich die Munderkinger während der Franzosenkriege im Jahr 1704 erfolgreich verteidigt haben und sich jedoch auf diesem Erfolg ausgeruht haben. Daher waren sie für die kriegerischen Auseinandersetzungen im Jahr 1798, wiederum gegen die Franzosen, nicht genügend vorbereitet. Vermutlich wollte er damit auch zum Ausdruck bringen, dass in Munderkingen die Zeit etwas stehen geblieben ist.

Für den zu diesem Zeitpunkt in Ehingen wohnhaften gebürtigen Munderkinger war es auch eine Gelegenheit, sich mit diesem Gedicht für so manche Verunglimpfung durch Munderkinger Bürger zu revanchieren. Weitzmann bezeichnete sie mit ihren Übernamen (Spitznamen) und veräppelte sie, indem er spöttische Verse über sie schrieb. Die Munderkinger fühlten sich ihrerseits von seinem Witz und Spott so betroffen, dass sie einige Jahre später sogar eine Strohpuppe mit seinem Namen in die Donau warfen.

Munderkingen im Jahre 2016 – Während der Umzüge wird ein Scheingefecht nachgestellt, in dem die Bürger der Stadt gegen die Franzosen kämpfen. Zu den Verteidigungsrequisiten gehören, auf der Seite der Franzosen, eine kleine Kanone und, auf der Seite der Bauern, eine große Kanone. Diese wird von sieben Grenadieren geschoben und mit
Konfetti geladen. Ausgestattet sind die Franzosen zudem mit Säbeln, wohingegen sich die Bürgersleute mit Händen und Füßen und ihren Werkzeugen wehren. Zu den Bürgern gehören der Stricker- Leaz (Beruf: Stricker / Name: Lenz), der Kesselflicker (repariert und flickt Kupfertöpfen), der Küfer (stellt Holzfässer her), der Hafner (besser bekannt als Töpfer) und einige mehr.

Diese von Weitzmann beschriebenen Figuren finden wir heute alle in der Gruppe Belagerung. Die Frauen der Stadt verpflegen ihre tapferen Mannen mit Glühmost, welcher eigens hergestellt wird.
Auch die Franzosen-Marien versorgen ihre Kämpfer. Mit dabei sind auch die Marketenderinnen der Bürgerwehr. So nannte man die Frauen, die im Krieg hinter der Armee herzogen und die Soldaten bekocht und gepflegt haben. Je nach Gefecht, gehen einmal die Munderkinger als Sieger hervor oder auch die Franzosen. Der Jubel und die Freude bei den Zuschauern machen hier aber keinen Unterschied.

Sieben Schwaben

Die Erzählung von den Sieben Schwaben ist seit dem 16ten Jahrhundert in der deutschen Literatur bekannt. Populär wurden sie durch die Version von Ludwig Aurbacher aus dem 19ten Jahrhundert. In einer Episode jagen die Sieben Schwaben ein „Ungetier“, das sich als Hase herausstellte. In Munderkingen werden die Sieben Schwaben seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit Auftritten an der Fasnet erwähnt sowie auch bei einem Auftritt beim Landessängerfest 1934 in Heilbronn. Auch nach dem Krieg wurden die Sieben Schwaben wieder Bestandteil der Fasnetsumzüge. Um 1963 hat die Feuerwehrjugend die Gruppe der Sieben Schwaben übernommen und seither zeigt sie uns Jahr für Jahr die Geschichte der „tapferen“ Schwaben auf der Jagd nach dem Hasen. Die Namen der Schwaben stehen für verschiedene Regionen: Riedlinger, Illertaler, Oberstaufer, Allgäuer, Biberacher, Bodenseer, Riesenschwabe. Die Häser der Sieben Schwaben sind zunfteigene Häser und werden vor der Fasnet ausgegeben und kommen nach der Fasnet zurück in die Häskammer im Zunfthaus. Um den Spieß kümmern sich die Sieben Schwaben selbst.

Die Torwache

‚Dr obere Thoarwath loht niemand rei‘ und ‚der Thoarwath vo außa schreit durch da Thorspalt rei‘ – so beschreibt Carl Borromäus Weitzmann in seinem Gedicht aus dem Jahr 1826 die Torwachen.
Wir können davon ausgehen, dass die Torwachen bereits 1892 an der Fasnet mitgewirkt haben, als die Belagerung zum ersten Mal aufgeführt wurde. Dem liegt ein ebenfalls von Weitzmann geschriebener Text zugrunde.
Der Fußballverein übernahm dann 1952 erneut die regelmäßige Aufführung der Belagerung an der Fasnet und im Laufe der Zeit wurde die Gruppe der Bürger und Franzosen einige Jahre lang wieder um die Torwachen ergänzt.
Als dann 2018 die seit Jahrzehnten verschollene Torwache wieder zum Leben erweckt wurde, war die Narrenzunft sehr froh darüber. Fünf Männer sind in die grünen Uniformen geschlüpft und haben sich den schwarzen hohen Tschako mit seiner zylindrischen Form aufgesetzt,
Wenn der einstige Tor-Wagen neu aufgebaut ist, soll auch dieser wieder bei der Fasnet mit dabei sein.