TROMMLER & PFEIFER | TROMMGESELLENPAARE | ADEL | MAISCHER | RATHAUSHEXEN | STADTLÖWE & HOFNARR
Die heutige, sogenannte historische Gruppe umfasst alle Figuren, die mit dem Ausgraben der Fasnet am ‚Glompigen Donnschtig‘ und dem Brunnensprung zu tun haben. Einen historischen Bezug haben die Trommgesellen, es sind laut Weitzmann (Gedicht: Lob des Munderkingers, 1803) einen Vereinigung von ledigen Bürgersöhnen, die mit Trommel und Pfeife gepaart durch die Straßen ziehen und am Aschermittwoch auswürfeln, wer von ihnen in den Brunnen springen muss.
Trommler und Pfeifer
Carl Borromäus Weitzmann steht am Marktplatz und beobachtet aufmerksam, was sich hier gerade abspielt, eilt nach Hause und schreibt in einem Gedicht nieder: „Zu Faschingszeiten da trägt er als Trommelgesell bei Trommel und Pfeife den Degen zur Seiten, tanzt hoch auf dem Brunnengestell…“.
Er hält in seiner Erläuterung zu diesem Gedicht auch noch fest, dass drei Staatstänze von Trommeln und Pfeifen gespielt wurden. Das Ganze spielte sich im Jahre 1803 ab. 2016 gibt es sie immer noch:
Trommeln und Pfeifen beim Brunnensprung und zu ihrem Spiel tanzen und springen die Trommgesellenpaare. Die Gruppe der Trommler und Pfeifer umfasst mittlerweile 30 Musikanten. Eine feste Gruppe, wie wir sie heute haben, ist im 19. und frühen 20. Jahrhundert noch nicht nachzuweisen. Ab den 1930er Jahren gibt es zunächst eine kleine Trommlergruppe zum Auswürfeln der Brunnenspringer und für den Trommelwirbel. Erst 1962 wird diese Gruppe zu einem Trommler und Pfeiferzug erweitert. Zu den bereits vier aktiven Trommlern mit ihren Militärtrommeln kommen sechs Pfeifer hinzu, welche auf einer zylinderförmigen Pfeife spielen. Zu dieser Zeit wird auch das Häs, angelehnt an die deutsche Renaissance-Mode, neu in den Farben rot und grün entworfen.
Im Laufe der Jahre wurde die Gruppe größer und ist mittlerweile keine reine Männergruppe mehr. Sie hat auch ihr Repertoire erweitert: Längst spielt sie nicht mehr nur den „Hopser und Schleifer“ und das Narrenlied, sondern auch aktuelle Fasnetshits und Märsche. Mit ihrem Spiel sind die Trommler und Pfeifer bei der Munderkinger Fasnet in den Gaststätten immer willkommen und sie laden die Gäste zum Singen und Schunkeln ein.
Trommgesellenpaare
„Sie geben paarweis‘ das Geleit…“, so singen wir im Narrenlied von den Trommgesellenpaaren, welche das Gefolge der Brunnenspringer bilden.
Mit ihren bunten, historischen Samthäsern ziehen sie viele Blicke auf sich. Dieses farbenfrohe Bild der „Trommg’sella“, wie die Paare in Munderkingen genannt werden, ist beim Brunnensprung in voller Pracht zu sehen, wenn sie auf dem Podium der Burg den „Hopser und Schleifer“ tanzen. Die Trommaiden und Trommgesellen begleiten die Brunnenspringer die gesamte Fasnet. Während der Umzüge und des närrischen Treibens tanzen sie paarweise in verschiedenen Formationen zum Klang der Trommler und Pfeifer durch die Gassen. Angeführt werden die Trommgesellen hierbei vom Obergesellen mit seiner Maid, welche meist diejenigen mit der längsten Gruppenzugehörigkeit sind. Das Untergesellenpaar bildet den Schluss. Aus den Reihen der Trommgesellen werden auch die Brunnenspringer auserkoren – die größte Ehre eines Junggesellen an der Munderkinger Fasnet.
Schon einige der kleinsten Mäschgerla wünschen sich: „Wenn i mol groß be, will i Bronnasprenger weara“. Aus einem Ratsprotokoll der Stadt wissen wir, dass es sich bei den Trommgesellen um ledige Handwerksgesellen handelte. Auch heute noch dürfen die Trommgesellen und Trommaiden das Häs nur tragen, solange sie unverheiratet sind und schon manche Karriere wurde durch eine Hochzeit frühzeitig beendet. Früher war es Sitte, dass der Geselle seine Maid während der Fasnet freigehalten hat. Im Gegenzug hat die Trommaid ihren Trommgesellen am Funkensonntag zum „Schönetrinken“ eingeladen.
Dr Adel
„Dr Fürst ben i von Monderkenga…“ – Mit diesen Worten beginnt der Spruch des Fürsten beim Brunnensprung.
Doch er ist nur einer von vier aus der Gruppe „Adel“. Graf, Ritter und Herold gehören ebenfalls dazu. Sie bilden die Stadtgeschichte nach und nehmen Bezug auf die Fürsten von Waldburg und das Adelsgeschlecht der Herren von Emerkingen, die Munderkingen das Stadtrecht verliehen.
Der Trommeister ist während der Fasnet der oberste Repräsentant der Trommgesellenzunft.
Es ist davon auszugehen, dass er ein Handwerksmeister aus den sechs Zünften war, die im mittelalterlichen Munderkingen eine große Rolle spielten. Heutzutage zählen wir ihn, obwohl er kein Adeliger war, ebenfalls zu dieser Gruppe. Seit ca. 1935 gehören die Figuren des Adels zum festen Bestandteil des Brunnensprungs. Hoch oben auf dem Turm der nachgebauten Burg bringen sie ihre Sprüche aus:
I be dr Ritter von Monderkenga ond schütz mit meiner starka Hand –
Dr Ritter
i hoff‘, mir wärd’s au guet gelenga, da Pfarrer, da Bürger- ond Baurastand!
I be dr Graf vom alta Bad, be schlecht ond reacht ond ällweil grad.
Dr Graf
Lass meine Leit au ebbes gonna, so haun i d’Leit ond s’Städtle g’wonna!
Dr Fürst ben i von Monderkenga, ond s’hot mi no koi Stündle g’reut, drom lass i au zur Fasnetszeit zwoi Mannsleit in da Bronna sprenga. Lost her, somit sei es verfüget:
Dr Fürst
„In diesem Jahr sei es die Sitte, dass aus der Trommgesellenmitte erkieset werde der Geselle der einer Maid sich will vermählen und springen von dem Brunn’gestelle, des Wassers Fluten zu erwählen. Der erste Sprung sei ihm zu Ehren. Er soll nicht des Gespiels entbehren. Mit Würfel auf dem Trommelfell, erwählet werd‘ noch ein Gesell, soll ihn beim Sprung geleiten, so bleib es alle Zeiten. Doch lasset beide Springer wissen: Ein jeder darf nach seinem Sprung ein jeglich Maidlein küssen“
Dies sei mein Geheiß, auf dass es jeder weiß!
Hand ihr’s g’hairt ihr Trommelg’sella, was dr Fürst do von ui will – koiner werd se drucka wella, drom wählet mit em Würfelspiel!
Dr Trommeister
Spätestens nach den Sprüchen des Adels und der Aufforderung des Trommeisters ist für jeden klar – jetzt kommt der Brunnensprung.
Bei allen Figuren handelt es sich im Übrigen um Einzelfiguren mit sehr aufwändigen Häsern. Für jeden dieser Hästräger ist es eine große Ehre, diese Figur während der Fasnet verkörpern zu dürfen. Oft werden sie auch das Jahr über mit ihren Titeln angesprochen.
Maischer
Ein Obermaischer und vier Maischer bilden die Gruppe der Maischer. Sie gehören der Historischen Gruppe an und haben beim Brunnensprung eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen:
Das Wasser im Brunnen in Wallung bringen…, denn wie könnten sich die Brunnenspringer sonst „in die Fluten stürzen“?
Es ist Fasnetssonntag gegen halb vier. Die Brunnenspringer stehen auf dem Brunnenrand. Die Wasserläufe des Marktbrunnens sind geschmückt. Das Wasser im Marktbrunnen, der schon Tage vorher sorgfältig geputzt wurde, liegt ganz ruhig da. Vielleicht hat der eine oder andere Zuschauer sogar kurz die Temperatur des Wassers geprüft. Die Maischer haben sich gleichmäßig um den Brunnen verteilt. Auf die Kommandos des Obermaischers „Maischer setzt an“, „Maischer maischt auf“, Maischer setzt ab“ erfüllen sie pflichtbewusst ihren Dienst.
So ganz nebenbei bekommen die Brunnenspringer Wasser von der Schaufel auf Füße und Waden gespritzt, um ein Gefühl für die Kälte des Wassers zu bekommen. Kleine Wellen bewegen das Brunnenwasser, der bewegende Augenblick naht, die Brunnenspringer bewegen sich, springen und tauchen in die Wellen ein. Die Figuren der Maischer erinnern mit Häs und Holzschaufel an die große Tradition der Bierbraukunst vergangener Tage in Munderkingen. Beim Genuss des Bieres durften Trinksprüche nicht fehlen, wie sie der Obermaischer ausbringt:
„Dem Bürger a Glas, dem Schultes a Maß, dem Pfarrer dr Wei – so soll es sei“.
Rathaushexen
Fasnetshäs an Fasnetshäs stehen die Munderkinger und zahlreiche weitere Besucher vor dem beleuchteten Rathaus und warten, dass die Munderkinger Fasnet ausgegraben wird. Das Warten hat einen besonderen Grund, denn die Rathaushexen sind noch auf der Suche nach dem Bürgermeister, welcher sich im Rathaus versteckt hält.
Endlich haben ihn die zwölf Rathaushexen gefunden und einige bringen ihn sogleich vors Rathaus. Dort übergibt der Bürgermeister den Rathausschlüssel an den Trommeister, welcher zuvor dem bengalischen Feuer entstiegen ist.
Die restlichen Hexen machen es sich in den Fenstern des besetzten Rathauses gemütlich und strahlen mit ihren halbmondförmigen Holzmasken mit dem Mond um die Wette. Die Suche im Rathaus gab ihnen auch ihren Namen.
Die Masken wurden 1963 in Bayern geschnitzt, jede für sich bildet ein Unikat. Aber nicht nur die Form der Masken und der Mondhauben sind etwas Besonderes. Getreu den Entwürfen von Hellmut Lang wurden auf das in braun und grün gehaltene Hexenhäs kleine Flammen in rot, gelb und weiß aufgenäht, was einzigartig ist. Aus vier wurden im Jahre 1975 acht, heute sind es zwölf Rathaushexen – bekannt bis in den Schwarzwald und an den Bodensee.
Schabernack treibend springen sie auf ihren Besen durch die Umzüge. Besonders Kinder und Frauen sind „Feuer und Flamme“, denn unsere Hexen sind halt doch „oifach scheane und liabe Hexa“.
Viele Männer würden gerne selbst in das Häs schlüpfen, die Zahl ist jedoch auf zwölf begrenzt.
Stadtlöwe und Hofnarr
Wie ein wahrer Löwe schreitet er im Umzug an der Spitze vor der Stadtkapelle – der Stadtlöwe. Er symbolisiert das Munderkinger Stadtwappen. Beeindruckend ist vor allem die schöne und mächtige Holzmaske, welche 1980 angefertigt wurde. Der Löwe ist jedoch viel älter. Getauft wurde er bei der Fasnet 1934. ln den Wirren des Weltkriegs ging sein Löwenkopf aus Blech vermutlich verloren, denn bei der Wiederaufnahme der Fasnet 1948 war er nicht mehr aufzufinden. Bereits zwei Jahre später ist auf dem Brunnenwagen aber wieder ein mit einem Fell bekleideter Mann und einem Löwenkopf aus Pappmaché auf einer Brunnensäule zu sehen. Der Vorgänger der heutigen Figur hatte einen Löwenkopf aus in Öl getränkter Leinwand und trug ein Löwenkostüm aus Rupfen. Doch ganz gleich in welchem Häs er auftritt, er zeigt immer, Munderkingen und Fasnet gehören zusammen.
Im Mittelalter war er als Possenreißer an Königs- und Fürstenhöfen beliebt – der Hofnarr. Auch heute noch ist er stets zu Späßen aufgelegt und für jeden Schabernack zu haben. Seine Glöckchen am Häs und an den Schuhen kündigen ihn allerorts an und bereits zu Zeiten von Prinz Karneval ließ er während des Umzugs die Zuschauer in seinen Spiegel blicken. Damals waren sie gar zu zweit. Nach dem Krieg verschwand Prinz Karneval, auf den Hofnarr wollten die Munderkinger jedoch nicht verzichten. Er blieb Teil der Fasnet und wurde 1956 in die Historische Gruppe aufgenommen. Heute trägt er ein rot-weißes Häs in den Munderkinger Stadtfarben und eine Holzmaske. Mit fröhlichem Lachen geht und hüpft er auf die Menschen zu und zaubert allen ein Lächeln ins Gesicht.